Alkoholgefährdung bezieht sich auf unkontrollierte Trinkepisoden oder stark ausgeprägtes Entlastungstrinken. Dieser Zustand ist häufig mit einer gesteigerten Gewöhnung an Alkohol verbunden und wird auch als „riskanter Alkoholkonsum“ bezeichnet. Nach der Klassifikation der ICD-10 wird Alkoholgefährdung als „gefährlicher Gebrauch“ oder „schädlicher Alkoholkonsum“ eingestuft.
Im Gegensatz zum Alkoholmissbrauch (Hypothese A2) erkennen Betroffene mit Alkoholgefährdung ihre Problematik und die negativen Folgen ihres Trinkverhaltens. Sie sind bereit und in der Lage, durch gezielte Verhaltensänderungen darauf zu reagieren. Die diagnostischen Merkmale, die auch zu einer Einstufung unter Hypothese A2 führen könnten, treten bei Alkoholgefährdung nur isoliert oder zeitlich begrenzt auf.
Wesentlich ist, dass die betroffene Person in der Lage ist, ihr Konsumverhalten eigenverantwortlich zu steuern und eine zuverlässige Kontrolle über ihren Alkoholkonsum aufrechtzuerhalten. Sollte einem Betroffenen im Rahmen der MPU die Hypothese A3 zugeordnet werden, muss bei der Überprüfung der Kriterien für eine angemessene Problembewältigung auch sichergestellt werden, dass ein ausreichendes Trennverhalten zwischen Alkohol und dem Führen von Fahrzeugen besteht. Auf diesen Aspekt wird in Hypothese A4 näher eingegangen.
In meiner MPU-Beratung unterstütze ich Sie dabei, Ihre Trinkgewohnheiten und die zugrunde liegenden Motive zu verstehen, um eine fundierte Vorbereitung auf die MPU sicherzustellen.
Kriterien für die Zuordnung zur Hypothese A3: Alkoholgefährdung
Die Hypothese A3 wird einem Betroffenen zugeordnet, wenn eine Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von mindestens 1,6 Promille erfolgt ist. Aber auch bei einer BAK unter 1,1 Promille kann die Hypothese A3 angewendet werden, wenn der Alkoholspiegel durch Restalkohol verursacht wurde. Ein weiteres Kriterium für die Einordnung unter A3 ist gegeben, wenn der Betroffene trotz einer BAK von mindestens 1,1 Promille keine wahrnehmbaren Beeinträchtigungen empfindet oder von außen keine Auffälligkeiten festgestellt wurden, wie etwa im Polizei- oder Arztbericht. Dies ist besonders dann kritisch, wenn Betroffene über längere Strecken ohne Auffälligkeiten fahren konnten, was auf eine ausgeprägte Alkoholgewöhnung hindeutet.
Auch wenn Betroffene erst bei einer BAK von über 0,5 Promille erste Alkoholwirkungen bemerken, deutet dies bereits auf eine erhöhte Toleranz hin.
Hinweise auf „gefährlichen Alkoholkonsum“ sind auch unter folgenden Bedingungen gegeben:
- Häufiger Konsum von Mengen, die zu einer Alkoholisierung von 1,1-1,3 Promille führen (d.h. durchschnittlich täglicher Alkohol-Konsum von 60-120 g (Männer) bzw. 40-80 g (Frauen));
- Häufiger Konsum von Mengen, die zum Erbrechen führen;
- Häufiger Konsum von Mengen, die dazu führen, dass der Betroffene die Übersicht über die konsumierte Menge verloren hat.
Indikatoren für eine Alkoholgefährdung können auch durch eine körperliche Untersuchung, Laborbefunde oder durch die Anamnese festgestellt werden, wenn Hinweise auf Folgeschäden des Alkoholkonsums vorliegen. Zu solchen Folgeschäden zählen beispielsweise Leberprobleme oder andere gesundheitliche Beeinträchtigungen durch längeren, erhöhten Alkoholkonsum.
Ein wichtiger Faktor zur Einstufung unter Hypothese A3 sind die Trinkmotive. Eine Gefährdung ist dann gegeben, wenn Alkohol regelmäßig verwendet wird, um emotionale Zustände wie Wut, Angst, Ärger oder depressive Verstimmungen zu beeinflussen. Auch das Trinken, um sich zu entspannen, die eigene Schüchternheit zu überwinden oder das Selbstwertgefühl zu steigern, deutet auf eine Alkoholgefährdung hin.
Ein weiterer kritischer Aspekt der Alkoholgefährdung ist das sogenannte Entlastungstrinken. Dieses tritt auf, wenn schwerwiegende Veränderungen im Leben eines Betroffenen zu vermehrtem Alkoholkonsum führen. Solche Veränderungen können sein: Umzug, Trennung oder Scheidung, Arbeitslosigkeit, Krankheit, Tod eines Angehörigen, aber auch Lebensphasen wie eine Midlifecrisis oder traumatische Erfahrungen. Diese Situationen erhöhen das Risiko, dass Alkohol als Bewältigungsmechanismus verwendet wird, was die Gefahr des schädlichen Konsums deutlich erhöht.
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