Heilpraktikerin Lydia Braun

Verdauungsstörungen

Verdauungsstörungen können sich bemerkbar machen durch ein Kloßgefühl in der Kehle, Appetitlosigkeit aber auch übermäßigen Appetit, Übelkeit bis hin zum Erbrechen, Sodbrennen, Völlegefühl, chronische oder wiederkehrende Bauchschmerzen, Magengeschwüre, Helicobacter, Blähungen, Nahrungsmittelallergien, Auffälligkeiten im Stuhlgang – zu häufig und dünn (Morbus Chron, Collitis Ulcerosa) oder zu selten und schwierig absetzbar (Obstipation).

Begleitende Symptome können sein: Husten, Kopfschmerzen, Schwindel, Herzklopfen, Rückenschmerzen, usw. Man muss es betonen: Nicht jeder Husten hat ein Lungenproblem innewohnend, sowie auch nicht alle Herzbeschwerden einem dysfunktionalen Herzen zuzuschreiben sind.

Häufig werden Verdauungsbeschwerden als „normal“ bezeichnet. Das rührt daher, dass der Patient bsp. gewohnt ist, ständig Blähungen zu haben oder einen breiigen Stuhl abzusetzen, usw.

Ein gesunder Stuhlgang nach der chinesischen Medizin ist ein sogenannter „glücklicher Stuhlgang“: Er erfolgt bei Stuhldrang, der täglich in etwa der gleichen Uhrzeit auftritt, i.d.R. morgens; man sucht unbeschwert die Toilette auf und setzt dabei ohne Anstrengung den geformten Stuhl ab, der relativ geruchlos und weder schmierig noch klebrig ist, um danach glücklich und befreit den WC-Raum zu verlassen. Wie ist Ihr Stuhl?

Eine glückliche Wasserlilie symbolisiert einen glücklichen Stuhlgang ohne Verdauungsstörungen.
Heilpraktikerin Lydia Braun sagt: „Ein gesunder Stuhlgang ist ein glücklicher Stuhlgang!“

Wenngleich auch zu diesem Krankheitsbild die möglichen Ursachen oft in den äußeren Pathogenen gefunden werden können, präsentieren sie häufig nur ein vorübergehendes Erscheinungsbild. Deshalb widmet dieser Artikel sich mehr den inneren Disharmonie-Mustern und somit auch der inneren Bereitschaft, ein bestimmtes Pathogen zu empfangen.

Magen

Der Magen nimmt die Speisen auf und ist verantwortlich, durch Magensäure und Enzyme die Nahrung zu zerkleinern, vorzuverdauen und anschließend an den Dünndarm weiterzuleiten. Wenn das Magen-Qi rebellisch ist, d.h. der Magen nicht ordnungsgemäß sein Qi nach unten leitet, können Schluckauf, Übelkeit, Erbrechen, trockener Husten, Herzbeschwerden, Schlafstörungen oder Klumpengefühl in der Magengegend entstehen. Häufig haben diese Menschen wenig Appetit oder fühlen sich bereits nach geringer Nahrungsaufnahme satt.

Wenn das Magen-Yin zu schwach ist, oder übermäßige Hitze im Magen ist, kann dies zur Übersäuerung des Magens führen. Das kann sich zeigen als Sodbrennen, Brennen im Magen, Magengeschwür, Verstopfung, aber auch beschleunigter (flüssiger, schleimiger) Stuhlgang, der durchaus auch mit üblem Geruch behaftet sein kann. Auch hier kann sich das Problem im oberen Erwärmen zeigen, z.B. durch Husten, Schlafstörungen, allgemeine Unruhe und Agitiertheit.

Beim Magen-Yin-Mangel fehlt es den Patienten an den kühlenden befeuchtenden Bestandteilen – ihre Beschwerden werden i.d.R. durch geringe Nahrungsaufnahme besser. Übermäßige Hitze im Magen zeigt sich durch gesteigerten Appetit und Reizbarkeit; allerdings werden die Beschwerden durch Nahrungsaufnahme oft schlimmer.

Aber auch hier ist eine Differenzierung notwendig. Manch einer, der unter Reizbarkeit und Schlafstörungen leidet, findet durch Nahrung eine Beruhigung. „Gib dem Hund einen Knochen, dann hat er etwas zu tun und gibt Ruhe.“

Es kann nun aber auch sein, dass die Hitze die Körperflüssigkeiten eintrocknet. Dadurch entsteht Schleim, welcher sich dann vermehrt durch ein Klumpengefühl in der Magengegend, aber auch Verwirrtheit und häufig auch durch andere psychische Symptome zeigen kann. Diese Patienten sollten ihren Magen schonen und nicht durch ihr Verlangen nach „falschem Essen“ (zu spätes und zu fettiges Essen) beanspruchen: Ihre Symptome werden sonst schlimmer. Das Röhmheldsyndrom mag hier hervorzuheben sein: Der Magen bedrängt das Herz, so dass es zu Unruhe, Herzklopfen und Schlafstörungen kommen kann.

Menschen, deren Verdauungsbeschwerden auf ein Problem der Magenkräfte zurückzuführen sind, reagieren sensibel auf das äußere Pathogen Hitze (Klima), während Menschen, die ein Problem mit dem Yin-Organ der Erde (i.e. Milz) haben, äußere Kälte und auch Feuchtigkeit fürchten.

Milz / Bauchspeicheldrüse

Die Milz / Bauchspeicheldrüse ist in der chinesischen Medizin hauptsächlich für den Transport und die Transformation der Nahrung zuständig. Leidet die Milz unter einen Qi- oder auch Yang-Mangel, ist diese Funktion nicht mehr gewährleistet. Das Problem kann sich in unterschiedlichen Symptomen zeigen: Blähungen sind häufig ein Hautsymptom, auch breiiger Stuhlgang oder sogar Nahrungsmittelallergien.

Das Völlegefühl betrifft nun den gesamten Bauchraum. Es können auch Schmerzen auftreten, wenn gleichzeitig zur Leere eine Stagnation von Qi, Blut oder Körperflüssigkeiten auftritt., Solange es nur die Milz betrifft sind diese Schmerzen weniger schlimm und lassen nach dem Stuhlgang nach. Wenn aber das Holzelement ebenfalls eine Rolle spielt (siehe unten), sind die Schmerzen von einer anderen Qualität.

Die Milz-Qi-Leere-Pathologie zeigt sich dadurch, dass die Beschwerden durch Arbeit, Essen und Müdigkeit schlimmer werden. Auch Sorgen, Kummer, Grübeln oder viel geistige Arbeit schwächt das Milz-Qi, und die Symptome verschlimmern sich. Der Yang-Typ ist immer müde, d.h. seine Beschwerden hat er ständig, und sie werden durch Kälte schlimmer.

Da die Milz für die Transformation der Nahrung zuständig ist und dies bei einem Qi Mangel nicht ordnungsgemäß schafft, kann neben dem Qi-Leere-Muster auch parallel ein Fülle-Muster in Form von Feuchtigkeit entstehen. Die Feuchtigkeit macht die Menschen für das Klima Feuchtigkeit (Nebel, Regen, hohe Luftfeuchtigkeit) angreifbar. Die Menschen fühlen sich träge und entwickeln ein Schweregefühl in den Gliedmaßen. Kopfschmerzen sind begleitet von einem dumpfen, nebeligen Gefühl. Der Stuhlgang ist erschwerter, aber i.d.R. breiig und nun vermehrt schmierig.

Kommt durch die Feuchtigkeit nun eine Qi-Stagnation hinzu, weil die Feuchtigkeit den Qi-Fluss behindert, entsteht Hitze: Entzündliche Prozesse können nun entstehen, wie z.B. Morbus Chron; der Stuhldrang wird häufiger und dringlicher am Tag sein. Nun ist auch ein unangenehmer Geruch dabei.

Holz greift auf die Erde über

Die Leber und Gallenblase gehören dem Holzelement an. Die Leber gilt in der chinesischen Medizin als unser „General“ im Körper. Sie hat die Funktion, unser Wei-Qi, das im Ming-Men-Feuer der Niere entsteht, adäquat überallhin zu verteilen. Ein guter General weiß, wo, wann und wieviel benötigt wird.

Zorn, Wut, aber auch Planungsvermögen und die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen, gehören als Emotion dem Funktionskreis Holz an. Anstatt Zorn und Wut nur als negative Emotionen zu werten, sollte man einen wichtigen Leitsatz der chinesischen Medizin berücksichtigen: „Alle Emotionen sind wichtig, richtig und gut, solange sie das Herz durchwandern. Denn dann können sie gehen“.

Leben Sie Ihre Emotion richtig?

Unterdrückter Zorn oder Wut, wie auch übermäßiger Zorn oder Wut lassen darauf schließen, dass im Holzelement irgendwas nicht in Ordnung ist.

Menschen, deren Leber-Qi nicht frei fließt, neigen dazu, Frust zu entwickeln, oder auch sich selbst unnötig unter Druck zu setzten. Der „General“ ist nicht mehr klar und kann seine Aufgabe nicht mehr korrekt erfüllen, das Wei-Qi (die treibende Kraft der Funktionen im Körper) richtig zu verwalten. So wird der General auf der einen Seite übergriffig, dies zeigt sich dort in Hitzesymptomen, und auf der anderen Seite kommt es zu einer Unterversorgung, was dort wiederum Kältezeichen hervorruft.

Generell zeigen sich die Verdauungsbeschwerden in diesen Fällen dahingehend, dass sie unter Stress, Druck, Aktion und Frust entweder hervorgerufen werden, oder bereits bestehende Probleme eine Verschlimmerung erfahren. Der Stuhldrang ist häufig da, aber oft ohne Ergebnis. Ich habe eine Patientin erlebt, die Angst hatte Ihr Haus zu verlassen, da sofort Stuhldrang kam. Während sie mit ihrem Auto ihre Dienstfahrten machte, beobachtete sie die Gegend: „Da und dort könnte ich mich verstecken…“. Ihr Problem war ein Gallenblasen-Problem. Sie hatte zwar keine physischen Probleme mit der Gallenblase, aber dennoch mit der Energie. Nach Einnahme einer Kräuter-Rezeptur konnte sie wieder frei aus dem Haus gehen.

Auch Schmerzen nehmen bei diesem Syndrom-Muster zu. Bei z.B. einem bevorstehenden Milz-Mangel nehmen die Schmerzen durch Stuhlgang zwar zunächst ab, treten aber kurz danach wieder auf. Auch alle anderen o.g. Symptome erfahren durch die nicht verarbeiteten Emotionen Verschlimmerungen.

Das Äußeren Pathogen, d.h. das Klima, welches dieses Muster beeinflusst, ist Wind. Wind tritt rebellisch auf, er kommt plötzlich, und so sind auch die Beschwerden; Sie kommen häufig in Attacken.

Dünndarm / Dickdarm / Niere

Der Dünndarm hat die Funktion der Trennung von trüb und klar. Er ist maßgeblich auf die transformierende Leistung der Milz angewiesen. Daher gehen die Probleme oft miteinander konträr. Die Differenzierung findet auf einer feinen Ebene statt.

Der Dickdarm ist das Ende des Verdauungskanals. Der Verdauungskanal fängt im Mund an, geht über den Magen in den Dünndarm (der mit der Milz wechselwirkt) und mündet im Dickdarm. Dickdarm-Probleme assoziieren mit Magenproblemen (Yang-Ming-Schicht). Die Durchgängigkeit dieses Kanals muss stets gegeben sein. Das kann bei Patienten, die unter Verstopfung leiden, ebenso wie bei Patienten, die häufigen Stuhlgang haben, anzeigen, dass etwas blockiert Ist: Sei es, dass der Magen nicht absenken kann, oder sei es, dass das Qi im Metall-Element (Lunge / Dickdarm) die Leistung nicht erbringt. Öffnen ist die primäre Strategie.

Wenn das Nieren-Yang betroffen ist, zeigen sich ähnliche Symptome wie bei einem Milz-Yang-Mangel. Auch hier gibt die feine Differenzierung anhand der Symptome den Schlüssel zum Muster. Nieren-Yang-Mangel zeigt sich z.B. im „Hahnenschrei-Durchfall“, d.h. die Betroffenen erwachen, weil sie Stuhldrang haben. Dies kann auch ein Dickdarm-Problem sein: Die allgemeine Symptomatik, z.B. Müdigkeit, Hitze oder Kälte, Überaktivität, allgemeine Konstitution, usw., sowie auch Bauchbefund, Puls- und Zungendiagnose geben den Schlüssel zur Differenzierung.

Patientenbeispiel

Ein Mann mittleren Alters; seine Frau hat ihn zu mir geschickt, weil sie verzweifelte und nicht mehr wusste, was sie kochen oder backen kann. Er litt seit 1,5 – 2 Jahren unter zunehmenden Verdauungsbeschwerden, die sich darin äußerten, dass er stetig Schmerzen, Krämpfe und einen aufgeblähten Bauch hatte. Wegen seiner Nahrungsunverträglichkeit hatte er die Therapie-Form Metabolic-Balance gewählt und sich strikt daran gehalten. Doch es half nichts.

Bei leerem Magen waren die Schmerzen schlimmer, nach Nahrungsaufnahme besser. Das zeigte mir eine Leere an.

Sein Stuhlgang war breiig, anstrengend, riechend, klebrig. Eine Entleerung spürte er dennoch. Das Qi ist also blockiert. Durch die Transformations-Schwäche und Blockade hat sich Feuchtigkeit angesammelt und Hitze entwickelt.

Manchmal hatte er Migräne. Auch die rezidivierenden Blasenentzündungen waren zu berücksichtigen. 

Er berichtete ferner, die Energie nehme vom Wochenanfang bis zum Wochenende rapide ab. Auch wenn der Patient noch wenig Körpergefühl bei der Anamnese hatte, konnte er berichten, dass, wenn die Energie herunter geht, die Schmerzen zunehmen.

Aufgrund dieser Symptomatik behandelte ich ihn vorwiegend auf eine Milz-Qi-Schwäche. Dabei berücksichtigte ich, dass durch die Qi-Schwäche auch das Qi der Milz blockiert.

Die Beschwerden ließen zwar nach, traten in Attacken aber dennoch immer wieder extrem auf.

Was ist es, dass es in Attacken wiederkehrt? Für mich war klar, es musste irgendetwas mit dem Holzelement sein. Es erschien windartig.

Der Patient negierte zu Beginn jegliche privaten oder beruflichen Probleme. Ich dachte fast, ich kann ihm nicht helfen, weil er so stoisch ist. Doch mit der Zeit hat er sich mir geöffnet und sich seiner Problematik, wie sehr er unter Druck steht, gestellt. Ich habe mein Rezept abgewandelt – das Holz attackiert die Erde.

Der Patient kann inzwischen wieder alles Essen. Seine Frau ist glücklich und er hat sich beruflich behauptet.