Heilpraktikerin Lydia Braun

Hypothese A2: Alkoholmissbrauch und mangelnde Kontrolle über den Alkoholkonsum

Die Hypothese A2 geht davon aus, dass der betroffene Klient über einen längeren Zeitraum wiederholt nicht in der Lage war, seinen Alkoholkonsum zu kontrollieren. Dies deutet auf eine fehlende oder nur unzuverlässige Verhaltenskontrolle hin. In einem solchen Fall ist die Fahreignung nur dann gegeben, wenn der Betroffene dauerhaft und stabil auf den Konsum von Alkohol verzichtet. In seltenen Ausnahmefällen ist bei Alkoholmissbrauch geringfügiger Alkoholkonsum dann tolerabel, wenn durch fachliche Intervention ein klar definiertes Verhaltenskonzept (so genanntes „Kontrolliertes Trinken“) eingeübt wurde, so dass kein erhöhtes Rückfallrisiko in alte Verhaltensmuster mehr besteht.

Kriterien für die Zuordnung zur Hypothese A2: Alkoholmissbrauch und mangelnde Kontrolle über den Alkoholkonsum

Die Hypothese A2 ist einem Betroffenen dann zuzuordnen, wenn eine Substanzgebrauchsstörung oder ein schädlicher Gebrauch von Alkohol gemäß der Kriterien nach DSM-5 oder ICD-10 diagnostiziert wird, ohne dass die Bedingungen für die Diagnose einer Alkoholabhängigkeit erfüllt sind.

Die Zuordnung zu A2 ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Alkoholkonsum tatsächlich zu einer Schädigung der psychischen oder physischen Gesundheit geführt hat.

Eine MPU-Beraterin stellt die Kriterien für die Zuordnung zur Hypothese A2 (Alkoholmissbrauch) vor.
In der MPU-Beratung lernen Sie die Kriterien für Zuordnung der Hypothese A2 (Alkoholmissbrauch) kennen.

Die Zuordnung zu A2 ist auch dann gegeben, wenn über einen Zeitraum von mehreren Wochen und wiederholt mehrere andere Indikatoren aufgetreten sind: So deutet es auf mangelnde Fähigkeit zur Konsum-Kontrolle hin, von einem starken Verlangen zum Alkoholkonsum berichtet, er mehr Alkohol getrunken hat als beabsichtigt oder er in Situationen Alkohol getrunken hat, in denen der Konsum zu einer körperlichen Gefährdung (z.B. beim Führen von Maschinen) geführt hat. Erfolglose Versuche zur Konsumkontrolle, Entzugssymptome oder die Entwicklung einer Alkohol-Toleranz (d.h. verminderte Wirkung bei gleichbleibender Konsummenge oder Dosissteigerung zum Erreichen der gleichen Wirkung) sind ebenfalls Indizien für die Hypothese A2.

Weitere Indizien für diese Hypothese sind in der Entwicklung des sozialen Umfeldes zu finden: Zunehmende Zeitaufwand für die Beschaffung oder den Konsum von Alkohol, Einschränkung sozialer, beruflicher sowie privater Aktivitäten oder die Fortsetzung des Konsums trotz negativer sozialer, zwischenmenschlicher oder gesundheitlicher Rückkopplungen deuten auf mangelndes Vermögen zur Konsumkontrolle hin.

Ist die Zuordnung zur Hypothese A2 erfolgt, so ist im Weiteren zu prüfen, ob für den Betroffenen eine dauerhafte Alkohol-Abstinenz zu fordern ist, oder ob der Betroffene nach einer Lern- und Erprobungsphase in der Lage ist, so genanntes „kontrolliertes Trinken“ zu praktizieren. Von Abstinenzpflicht ist insbesondere dann auszugehen, wenn sich aus der Konsum-Historie erkennen lässt, dass der Betroffene trotz erkennbarer negativer körperlicher, sozialer oder psychischer Folgen seinen problematischen Alkohol-Konsum weiter fortgesetzt hat und frühere Versuche zur Kontrolle des Konsums nicht dauerhaft erfolgreich waren.

Fehlende Sensibilität gegenüber der Alkohol-Wirkung (Toleranzentwicklung, innere Einstellung)

Hinweise auf eine Toleranzentwicklung sind dann gegeben, wenn bei wiederholten Alkoholdelikten im Straßenverkehr eine deutliche Steigerung der Blutalkohol-Werte zu beobachten ist, eine Blutalkohol-Konzentration von über 2,0 Promille festgestellt wurde oder bei einer Blutalkohol-Konzentration von mehr als 1,6 Promille keine außergewöhnlichen Ausfallerscheinungen festgestellt wurden.
Von mangelnder Sensibilität ist ferner dann auszugehen, wenn der Betroffene eine unrealistische Sicht auf die Auswirkungen des Alkoholkonsums hat (z.B. die Wirkung größerer Alkoholmengen auf die Umgebungs-Wahrnehmung und Verhaltenssteuerung), Konsum folgen verdrängt oder von einer Verselbstständigung der Entscheidungen, Alkohol zu konsumieren, berichtet.

Negative Auswirkungen auf bzw. negative Rückkopplungen vom sozialen Umfeld

Negative Rückkopplungen des sozialen Umfeldes sind dann gegeben, wenn dem Betroffenen aus dem Freundes- und Familienkreis der Besuch einer Suchtberatung oder einer Selbsthilfegruppe empfohlen wurde.
Hinweise auf mangelnde Kontrollfähigkeit liegen dann vor, wenn der Betroffene trotz negativer Rückkopplungen seinen Konsum allenfalls zeitweilig reduziert oder trotz schwerwiegender Folgen, wie Arbeitsplatzverlust oder Trennung vom Ehepartner, weiterhin trinkt.

Fehlende Lernbereitschaft aus der Verkehrsvorgeschichte

Fehlende Lernbereitschaft liegt dann vor, wenn es erneut zu einem Alkoholdelikt gekommen ist, obwohl ein Kurs für alkoholauffällige Kraftfahrer oder sogar eine MPU bereits absolviert wurden oder mehr als zwei Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Trunkenheitsfahrten im Fahreignung Register eingetragen sind.

Psychophysische Schäden durch den Alkoholkonsum

Hinweise auf psychophysische Folgeschäden liegen vor, wenn der Klient am Tag der Untersuchung deutliche Leistungsschwächen aufweist, die auf den Alkoholkonsum zurückzuführen sind, oder wenn er von deutlichen Stimmungsschwankungen in Zeiten vermehrten Alkoholkonsums berichtet.
Solche Folgeschäden können ebenfalls relevant sein, wenn dem Klienten ärztlicherseits mehrfach Alkoholverzicht wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen angeraten wurde. Körperliche Anzeichen wie Standunsicherheit, Koordinationsstörungen, Empfindungsstörungen in den Beinen oder die Abschwächung von Muskeleigenreflexen sowie eine tastbar vergrößerte Leber können als Alkoholfolgeschäden gewertet werden.

Schematische Darstellung einer MPU-Beratung zum Thema Alkoholmissbrauch, mit Fokus auf Hypothese A2.
Prüfung der Kriterien für die Zuordnung zur Hypothese A2: Alkoholmissbrauch.

Unzureichende Bereitschaft zur Selbstkontrolle

Aus der Selbstbeobachtung des Betroffenen können Hinweise auf eine unzureichende Bereitschaft zur Selbstkontrolle gezogen werden, wenn der Klient z.B. selbst Alkoholverzicht für erforderlich hält, wenn er befürchtet, bei bestimmten Trinkanlässen seinen Konsum nicht mehr kontrollieren zu können oder wenn er von mehreren Phasen des Alkoholverzichts berichtet, um seine Selbstkontrollfähigkeit zu prüfen.
Ebenfalls ist von mangelnder Bereitschaft zur Selbstkontrolle auszugehen, wenn er trotz ärztlicher oder therapeutischer Warnungen bei Gesundheitsstörungen oder im Rahmen psychologischer Interventionen sein Trinkverhalten nicht geändert hat.

Grundsätzlich problematisches Trinkverhalten

Grundsätzlich ist ein Trinkverhalten problematisch, wenn bereits in den Morgenstunden ohne besonderen Anlass konsumiert oder der Alkohol hastig und in. Großen Schlucken getrunken wurde.
Das Antrinken eines starken Rausches zum Ausblenden psychischer Spannungen oder regelmäßiger Alkoholkonsum zur Dämpfung psychischer Erkrankungen (z.B. Depression) ist ebenfalls problematisch, auch wenn der gesteigerte Alkoholkonsum unbewusst mit Phasen psychologischer Störungen auftritt.

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Weiterlesen: Hypothese A3: Alkoholgefährdung

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